Dr. Elke Bauer

Der sich durch die massenhafte Digitalisierung von Bildern und deren Bereitstellung im Internet rasant wandelnde Umgang mit Bildquellen in der Geschichts- und Kulturwissenschaft stellt Bildarchive vor neue Herausforderungen. Die uneingeschränkte Verfügbarkeit von Bildern im Netz ersetzt zunehmend den Gang ins „analoge“ Archiv. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Erschließungsarbeit. Durch die Präsentation von Bildsammlungen im Internet und die Bildung eines digitalen Bildkanons geraten nicht digitalisierte Materialien in den Archiven zunehmend aus dem Blickfeld.

Der Zufall führte mich 2001 beruflich ins Bildarchiv des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg. Zunächst nur als Übergang bis zur Publikation der Dissertation gedacht, faszinierte mich die Terra incognita – Ostmitteleuropa und Fotografie – zusehends, fiel doch der Beginn meiner Archivlaufbahn in eine für Bildarchive aufregende Zeit, die bis heute anhält und uns immer wieder in Atem hält: Das analoge, verstaubte Archiv mit seinen in laufenden Metern gemessenen Aufbewahrungsboxen wagt sich in die digitale Welt, wird sichtbar auf jedem Fleckchen unserer Erde. Die Digitalisierung hat das Arbeiten im Bildarchiv nachhaltig verändert und tut dies noch: Seit wenigen Jahren gibt es keine Dunkelkammer mehr; Aufträge werden nur noch als Prints oder als Digitalisat ausgeliefert, Handabzüge gehören endgültig der Vergangenheit an. Die rapide Entwicklung der Digitaltechnik führt dazu, dass die zuerst digitalisierten Bestände nach nur wenigen Jahren erneut digitalisiert werden mussten. Doch die Digitalisierung ist nur die eine Seite der Medaille, die andere ist die Erschließung der Bilder in einer Datenbank. Auch hier wurde in der Anfangszeit viel herumexperimentiert und Lehrgeld bezahlt. Immer wieder mussten die Daten in neue Systeme überführt und die Erschließung angepasst werden. Die Kluft zwischen der Anzahl digitalisierter Bilder und deren Erschließung wird zunehmend größer, da die Erschließung wesentlich zeitintensiver ist als die Herstellung der Digitalisate.

Die „digitale“ Zeit bietet den Bildarchiven viele Möglichkeiten, Arbeitsweisen zu überdenken, zu verändern und weiterzuentwickeln. Wo die Reise hingeht ist offen, nur eines ist sicher: Es bleibt weiterhin spannend.

 

Lebenslauf

Seit 2001
Mitarbeiterin des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft mit folgenden Tätigkeiten:

–          2012-2015 Freistellung für die Projektstelle „Das historische Bildarchiv im digitalen Zeitalter: Überlieferung, Sammlung und digitale Re-Kontextualisierung“ im Projekt „Visual History. Institutionen und Medien des Bildgedächtnisses“
–          2011-2012 Stabsstelle Wissenschaftskommunikation und Forschungskoordination in Vertretung
–          2010 fünfmonatige Rotationsstelle im LOEWE-Schwerpunkt „Kulturtechniken und ihre Medien“ der hessischen Exzellenzinitiative zum Thema: „Vom Archivbestand zum Wissensspeicher, von der Bestandserschließung zur Wissensgenerierung – Synergien/Rückkopplung von Grundlagenarbeit in den Sammlungen und wissenschaftlicher Forschung: Bild und Kontext“
–          Seit 2009 Gleichstellungsbeauftragte
–          Seit 2001 Mitarbeiterin des Bildarchivs

2001
Promotion am FB Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück. Dissertation: Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Historisch-kritische Ausgabe. Tübingen: Niemeyer 2004.

1998-2000
Graduiertenstipendium des Landes Niedersachsen

1994-2000
Aufbaustudiengang Editionswissenschaft an der Universität Osnabrück

1986-1993
Studium der Vergleichenden Religionswissenschaft, Ethnologie und Keltologie an der Philipps-Universität Marburg.
Abschluss: Magistra Artium.
Thema der Magisterarbeit: „Eine Untersuchung der methodologischen und theoretischen Ansätze in der Mythenforschung am Beispiel der keltischen Mythologie unter besonderer Berücksichtigung der altirischen Quellen.“

1984-1985
Holzbildhauerpraktikum bei Fernand Semma in Buchen/Odw.

 

Publikationen

Elke Bauer (Hrsg.), Emilia Galotti. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Historisch-kritische Ausgabe, Tübingen 2004.

Visual History − The value of historical photographs as a source in the age of digitization, in: Digital Representation of the Artefact – methods, reliability, sustainability. 5th Digital Encounters with Cultural Heritage, Wrocław, 19.-20.11.2012 (i. E.).

Chancen und Probleme der Onlinebereitstellung von Bildarchiven, in: III. Tagung Technik und Kultur. Digitalisierung und Bewahrung des kulturellen Erbes (Kulturelle Überlieferung Digital, 2), Karlsruhe, 24.-25.10.2011 (i. E.).

Bildarchive im digitalen Wandel: Chancen und Herausforderungen, in: Irene Ziehe/Ulrich Hägele (Hrsg.), Fotografie und Film im Archiv: Sammeln, Bewahren, Erforschen (Visuelle Kultur. Studien und Materialien 6), Marburg 2013, S. 27-38.

Zwischen Inszenierung und Authentizität: Kontextualisierung ausgewählter Bildzeugnisse zum Alltagsleben der Deutschen in Ostmitteleuropa vor 1945, in: Jahrbuch für deutsche und osteuropäische Volkskunde Bd. 52, Münster 2011, S. 137-164.